Früher war alles besser? Nein, mit Sicherheit nicht. Viele Menschen waren auch früher schon von ihrem Egoismus und ihrer Arroganz getrieben. Nur haben es viele nicht so offen nach außen getragen und gezeigt, wie es inzwischen der Fall ist. In einer Welt voller Egoismus, in der sich jeder selbst der Nächste zu sein scheint. Und in der es egal ist, wie es den anderen geht. Wird es nur immer schwieriger, das eigene Herz nicht zu verlieren.

Egoismus wird zum Persönlichkeitsmerkmal vieler

Ich habe mich in den letzten Jahren immer häufiger gefragt, in welcher Welt wir inzwischen leben. Menschen halten sich nicht mehr an ihr Wort. Auf Versprechen kann man sich nicht mehr verlassen. Komm ich heute nicht, dann komm ich morgen. Und meist dann gar nicht mehr. Es wird auf andere herabgeschaut. Es wird nicht mehr nur versteckt, sondern offen gezeigt, dass der andere nichts wert ist. Sexualität und Beziehungen sind zur Wegwerf-Ware geworden. Gefällt mir nach ein paar Wochen oder Monaten nicht mehr, was ich sehe, dann suche ich woanders weiter. Das kann manchmal ganz schnell gehen. Von einem Tag auf den anderen wird eine Freundschaft weggeworfen, eine Beziehung an den Nagel gehängt. Der Egoismus ist in der heutigen Zeit zum Persönlichkeitsmerkmal vieler geworden. Die, die es schaffen, ihr eigenes Herz offen zu halten, und Wärme geben und zeigen zu können, werden immer weniger.

Gefühlskälte macht sich breit

Wir leben in einer Gesellschaft, die vor dem Abgrund steht. Nicht, weil es wirtschaftlich nicht laufen würde. Sondern weil man immer mehr haben will, und vor allem immer mehr als der andere, der Nächste. Aus guten Menschen, die einst ein gutes Herz hatten, werden innerhalb von Jahren Egoisten, die sich in ihrem Lebenstrip nur noch um sich selbst drehen, ohne Rücksicht auf Verluste. Ist doch egal, wie es dem anderen dabei geht, wenn ich mich verpisse, weil der Mensch nicht so funktioniert, wie ich es mir in meinem Kopf ausmale.

Zur Überforderung stehen

Die Menschen leben lieber hinter Masken, anstatt dazu zu stehen, dass sie von dieser Welt, und all dem, was passiert, überfordert sind. Statt um ihr eigenes Herz und ihre Wärme zu kämpfen, werden sie zu Egoisten, die sich selbst am nächsten sind. Wer da nicht rein passt, wird schnell hinausgedrängt, weg gedrängt, aus dem Leben geworfen. Viel ehrlicher wäre es zu sagen: ich komme mit dieser Welt nicht klar. Ich komme nicht mit dem klar, was in dieser Welt passiert. Ich fühle mich überfordert von der Bilderflut, von der Nachrichtenflut, von der Flut der Anforderungen, die an mich gestellt werden.

Sich selbst lieben lernen

Egoismus ist das Gegenteil von Selbstliebe. Es ist ein Selbstbild, das sich deshalb um sich selbst dreht, weil irgendwann die Verletzungen einfach zu viel werden, und ein Mensch glaubt, sich nur durch egoistisches Handeln vor weiteren Verletzungen zu schützen. Doch das Gegenteil passiert dann. Der andere wird verletzt, wird ins Abseits gedrängt. Und letztlich verletzt man sich am Ende damit nur selbst, weil der Kreis, der sich dann um einen bildet, nur noch von weiteren Egoisten geprägt wird. Und das eigene Herz immer leerer wird, anstatt eines Tages von Liebe gefüllt und erfüllt zu werden.

Einen anderen Weg gehen

In der Bibel heißt es: Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst. Viele Menschen lesen daraus nach wie vor nur: liebe Deinen Nächsten. Aber sie können es nicht. Versuchen es, scheitern kläglich, und geben das dann ganz auf. Dabei ist der zweite Punkt der erste Schritt zum Weg aus dem eigenen Egoismus. Liebe Dich selbst. Das ist schwer. Das kann schwer sein. Dass kann, wenn man aus schlimmen Verhältnissen kommt und immer wieder tief verletzt wurde, ein langer Weg sein. Aber es ist, wie ich aus meinem eigenen Leben weiß, nichts Unmögliches.

Das Ende des Egoismus: sich selbst lieben lernen

Ich glaube, so schlimm die Welt und die Menschen sind, so gibt es dennoch keine hoffnungsvollen Fälle. Ich habe aus den größten Arschlöcher empathische und warmherzige Menschen werden sehen, weil sie das Ruder in ihrem Leben Gott überlassen haben. Ich war selbst mal so, auf einem absoluten Egotrip, zerfressen von Arroganz und Überheblichkeit. Doch tief in mir sah es anders aus. Ich war von Hass zerfressen, der mein Herz so sehr zerstört hatte, dass es eines Tages wie aus Stein war, und ich kein Mitgefühl mehr für andere Menschen hatte. Es ging nur noch um mich.

In Hesekiel 11,19 heißt es: „Und ich will ihnen ein anderes Herz geben und einen neuen Geist in sie geben und will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Leibe und ihnen ein fleischernes Herz geben.“

Das ist das, was ich erlebt habe. Mein Name war Stoneheart, weil ich früher ein Herz aus Stein in mir hatte. Ein Herz, das zu Stein geworden war, weil ich die vielen Verletzungen nicht verarbeiten konnte, die ich über viele Jahre erleben musste, in meiner Kindheit und Jugend und auch danach.

Eine Welt, die es wert ist, für sie zu kämpfen

Auch heute bin ich nicht perfekt, und habe Zeiten, in denen mir diese Welt völlig sonstwo vorbei geht. In den letzten Wochen habe ich mehrmals gedacht, was für einen Zweck es überhaupt haben soll, sich für diese Welt einzusetzen, für andere Menschen, wo sowieso alles nur noch den Bach hintergeht in unserer Gesellschaft. Und dann trat ein junger Mensch in mein Leben, der mich daran erinnert hat mit seiner Wärme, dass diese Welt es wert ist, für sie zu kämpfen, so beschissen auch alles inzwischen ist. Der mich daran erinnert hat, ohne es zu wissen, warum ich Gott trotz meiner Krankheit noch um so viele Jahre Leben gebeten habe. Der mich daran erinnert hat, dass diese Welt den Kampf um das eigene Herz und das Herz der anderen wert ist, auch wenn es nicht danach aussieht.

Vielleicht wird diese Welt niemals zu einem besseren Ort werden. Vielleicht wird es niemals ein Ende der Kriege, der Gewalt, des Hasses, des Missbrauchs und des Egoismus geben. Aber ich will nicht damit aufhören, wegen all der Egoisten in dieser Welt und ihren Egotrips auf politischer, gesellschaftlicher und privater Ebene, daran zu glauben, dass Gott Menschen Liebe für sich selbst und ein offenes Herz für andere schenken kann. Gott hat noch etwas vor mit dieser Welt. Und wenn wir lernen, uns selbst zu lieben, können wir auch den anderen den Weg zu dem weisen, der ihren inneren Durst stillen, und ihre Wunden heilen kann.