Wenn ich diese Zeilen schreibe, hat das nichts mit klugem Geschwätz zu tun. Als jemand, der in seiner Jugend selbst zwei Selbstmordversuche unternommen hat. Und der auch Hinterbliebene von Suizid ist. Ist Selbstmord eine Lösung?, das habe ich mich oft selbst gefragt. Wenn das Leben keinen Sinn mehr zu machen scheint. Wenn die Welt über Dir zusammenbricht. Dinge passieren, die Dir das Herz zerreißen. Menschen Dich zutiefst verletzen, sei es seelisch oder körperlich. Kommt irgendwann der Punkt, an dem Du nicht mehr kannst. An dem dieses ganze Leben vorbei zu sein scheint. Du stehst da, und fühlst Dich einfach nur noch verdammt einsam. Und Du hast das Gefühl, dass Dich niemand versteht, und dass auch niemand Dich vermissen würde, wenn Du Dich umbringst.

Ich kenne all diese Gedanken nur zu gut. Ich weiß, wie es ist, ganz unten zu sein, nichts mehr zu haben, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Ich kenne aber auch meine Antwort auf die Frage: Ist Selbstmord eine Lösung? Suizid ist keine Lösung. Es ändert nichts. Außer, dass Du am Ende tot bist, und keine Chance mehr dazu hast, irgendwann zu lernen, mit dem Schmerz umzugehen, mit den Wunden umzugehen. Dass Du keine Chance mehr dazu hast, Glück zu erleben.

Ich weiß, es ist ein schwerer Weg, wenn man denkt, dass die einzige Lösung Selbstmord ist, und überhaupt nicht mehr weiß, wie man da rauskommt. Aber ich weiß auch, dass es möglich ist. Ich weiß, dass Wunden heilen können. Narben bleiben, das ist so. Niemand kann Dir versprechen, dass die Narben auch verschwinden werden. Aber sie werden zu einem Teil von Dir, wie sie zum einem Teil von mir geworden sind. Ich kann nichts ändern an den schlimmen Dingen, die mir passiert sind schon von klein auf. Viele Jahre lang dachte ich, ich werde nichts davon je verarbeiten können, je vergessen. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich niemals vergessen werde können, aber dass ich das auch nicht muss.

Das, was wir Schlimmes erleben, ist ein Teil von uns, und er wird uns immer ausmachen, für den Rest unseres Lebens. Wir können aber lernen, damit umzugehen. Wenn wir uns umbringen, tun wir nur denen einen Gefallen, die uns so sehr wehgetan haben. Und willst Du das wirklich? Dem, der Dich missbraucht oder vergewaltigt hat, auch noch diesen Triumph gönnen? Dem, der Dich geschlagen oder gemobbt hat, willst Du ihm wirklich durch Deinen Selbstmord diesen Triumph geben?

Mir mein hat mein Glaube geholfen, die unausprechlichen Dinge, die ich in den ersten 18 Jahren meines Lebens erleben musste, zu verarbeiten. Ich meine damit nicht Religion. Ich bin nicht religös, ich glaube an den lebendigen Gott, nicht an tote Rituale. Und weißt Du, was ich verstanden habe? Dass Gott mich nicht nur bedingungslos liebt. Sondern auch, dass Er jede meiner Wunden und Narben sieht. Gott ist nicht der, der das getan hat. Er ist nicht verantwortlich für die schlimmen Taten, die Menschen anderen Menschen antun. Zur Gewalt, zum Missbrauch, zum Mobben, entscheidet sich jeder selbst. Wir, die wir Schlimmes erlebt haben, können nur dagegenhalten, indem wir uns dafür entscheiden, nicht so zu werden, nicht so zu sein. Sondern uns dafür entscheiden, uns aufzumachen, uns selbst lieben zu lernen, und dann auch andere zu lieben.

Vielleicht ist Gott nicht Dein Ding. Vielleicht weißt Du auch nicht wirklich was über Ihn. Aber wenn Du vor der Frage stehst: Ist Selbstmord eine Lösung? Dann bitte ich Dich um eines: Bete vorher zu Gott. Egal, ob Du Ihn schon kennst. Egal, ob Du mal an Ihn geglaubt hast. Oder ob Du Ihn noch gar nicht kennst. Bevor Du den letzten Schritt machst, bete bitte. Und Du kannst Dich z.B. an die Telefonseelsorge wenden, unter Telefonseelsorge.de oder an eine Klinikambulanz in Deiner Nähe. Selbstmord ist keine Lösung, weil es nichts ändert, Dir aber die Möglichkeit nimmt, eines Tages doch noch etwas zu erleben, was schöner ist als der Schmerz, den Du im Moment in Dir trägst.