Es ist Karfreitag. Und ich frage mich, was dieser Tag – und Ostern – gerade mit den Gläubigen in der Ukraine macht. Können Sie angesichts der Kriegsverbrechen, die sie an sich und anderen erleben, überhaupt noch an den Gott glauben, der seinen Sohn ans Kreuz nageln lässt?
Ich tue mich dieser Tage sehr schwer. Mit dem Glauben. Mit dem Hoffen. Weil mich die Gefühle übermannen, was meine Mutter erlebt hat bei der Vertreibung durch die russische Armee. Was mein Vater, der nie darüber geredet hat, erlebt haben muss. Die Traumata meiner Eltern kommen in mir selbst hoch, als wären sie Teil meiner eigenen Lebenserfahrungen. Ich tue mich schwer, heute, zu diesem Jesus zu blicken, auf dieses Kreuz zu blicken weil es von unbeschreiblicher Verlassenheit spricht. Ich spüre die Verlorenheit meiner Eltern.
Und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Für mich. Für die Menschen in meinem Leben. Für dieses Land und für diese Welt. Karfreitag hatte für mich immer eine große Bedeutung. Nun brennt der Schmerz in mir, und es fühlt sich für mich so an, als würde Gott nicht Seinen Sohn, sondern die Menschen in der Ukraine ans Kreuz nageln lassen. Und sie verlassen bis zur bitteren Stunde. Ob die Auferstehung kommen wird? An diesem Tag kann ich nicht daran glauben. An diesem Tag sehe ich nur den Tod. Vertreibung tötet Seelen. Krieg tötet Menschen.
Heute ist der Geburtstag meines Vaters. Ich kann nur ahnen, welch unermessliches Leid er während der Vertreibung erlebt hat. Da gibt es nichts zu beschönigen. Da gibt es keine guten Worte, die irgendetwas ändern könnten an dem Horror, den in diesen Wochen auch die Menschen in der Ukraine während ihrer Vertreibung erleben müssen.
Mein Gott, mein Gott, warum hast Du diese Menschen verlassen? Warum lässt Du diesen Krieg zu und machst nicht einfach Schluss mit dem Ganzen?
Ich habe darauf keine Antwort. Ich sehe nur das Kreuz als Zeichen des unerträglichen Schmerzes. Möge Gott den Menschen in der Ukraine dabei helfen, ihre Vertreibungs- und Kriegstraumata zu überleben und zu überwinden. Meine Eltern konnten das zeitlebens nicht.
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