Hass ist ein großes Wort, und dennoch gibt es Menschen, die tun uns so weh, verletzen uns so sehr, dass Hass in unseren Herzen entsteht und dieser Hass immer mehr wächst, je mehr diese Person uns noch wehtut. Dies ist NORMAL! Ja, denn solche Gefühle sind normal, auch für einen Christen und sollten nicht unter den Deckmantel des Glaubens versteckt werden.

Auch Christen müssen nicht immer gute Laune haben, können – von sich aus – nicht alle Menschen lieben und empfinden auch nicht anders als jeder andere Mensch auch. Einen Vorteil hast du aber als Christ, den ich für unschätzbar wertvoll halte: ich kann meinen Hass, meine Wut, meine Traurigkeit  und all den ganzen Mist, der sich in meinem Herzen bewegt und mir den Atem raubt und mir die Luft abschneidet, zu Jesus unter das Kreuz bringen.

Ich habe viel Hass in meinem Leben in meinem Herzen getragen. Sexueller Missbrauch, verlorene Freundschaften, Menschen, die mich meiner Zukunft berauben wollten und Krankheiten haben mir das Leben mehr als madig gemacht. Manchmal dachte ich, ich halte den Hass nicht mehr aus und wollte nur noch sterben. Weil Hass, auch wenn er normal ist bei so schweren Verletzungen, das Herz einfach nur zerfrisst. Ich habe Hass immer als Säurefraß des Herzens bezeichnet, weil er das menschliche Herz und damit auch das Menschsein, immer mehr auffrisst, bis nichts mehr übrigbleibt an Menschlichkeit und damit nur noch der Hass gebiert.

Immer wieder wird nach einem Amoklauf die Frage nach dem Warum gestellt. Warum kann ein Mensch so sehr hassen, dass er so unmenschlich wird, und andere Menschen kaltblütig tötet? Weil der Hass sein Herz zerfressen hat, weil niemand da war, der ihm geholfen hat, vom Hassen wieder zu einem liebenden Herzen zu kommen. Der Mensch ist nicht von Geburt an böse, er wird durch starke Verletzungen, die andere ihm zufügen, zu einem bösen Menschen gemacht. Böse wird der, der nicht gegen den Hass ankämpft und auch nicht gegen ihn ankämpfen kann, weil ihm niemand hilft.

Ich habe sehr gehasst in meinem Leben. So sehr, dass ich vor meinem inneren Auge schon das Blut sah des Menschen, den ich abgrundtief gehasst habe. Und wäre fast an diesem Hass zerbrochen. Aber ich habe diesen ganzen Mist irgendwann zu Gott gebracht, mich ausgekotzt bei ihm, mich ausgeheult bei ihm und nach und nach hat er die schmerzhaften Wunden geschlossen. So sehr, dass ich meinem Vater vergeben konnte, der mich in meiner Kindheit sexuell missbraucht hat. So sehr, dass ich heute ein Leben mit Gefühlen leben kann, ohne mich bei jedem Gefühl, das ich empfinde, schlecht zu fühlen. Ich bringe meinen Hass zu Gott, meine Angst, meine Wut, meinen Schmerz und meine Trauer.

Und mein tiefster Wunsch ist es, dass in dieser Welt keiner mehr an seinem Hass ersticken muss, weil er nicht weiß, wohin er damit gehen kann. Dass kein Mensch mehr andere in blindem Hass tötet, weil sein Herz alle Menschlichkeit verloren hat.

Ich weiß, ich kann diese Welt nicht verändern. Aber ich bete, für meine Stadt, für die Menschen um mich herum. Und weine, wenn aus einem guten Kind ein böser, von Hass zerfressener Mensch wird. Es sind nicht die Killerspiele, nicht die Horrorfilme, es sind nicht die Medien, es ist das Umfeld, das uns zerstört, es sind die Familien, die statt zu lieben massive Verletzungen zufügen. Der, der missbraucht, wird damit zum Mörder, wenn sein Opfer andere Menschen tötet, nur dass der Erst-Täter niemals dafür eine Strafe erhalten wird.

Ich hoffe, dass wir einander wieder wahrnehmen, uns trauen, aufeinander zuzugehen, und uns unsere Fehler, unsere Ängste, unsere Wut und unseren Hass einzugestehen. Auch ich bin da nicht auszunehmen, ganz im Gegenteil. Wir haben alle noch viel zu lernen, aber wir Christen haben eines, das den großen Unterschied macht: wir haben Jesus und wissen, egal was auch passiert, wir sind in Gottes Händen und in seiner Liebe geborgen.

Wer nicht über seine Gefühle des Hasses reden kann, dem möchte ich die Bücher von Corrie ten Boom ans Herz legen, deren Lebensgeschichte mir im Kampf gegen meinen Hass und bei der Rückkehr von meinem steinernen Herzen zu einem menschlichen sehr geholfen hat.

„Christsein bedeutet nicht etwa, sich selbst sehr anzustrengen, sondern sich den durchbohrten Händen Jesu anzuvertrauen.“ Corrie ten Boom